Im Waschraum

Klassik im Klo
Mein erster Besuch in den Sanitärräumen auf dem Campingplatz in Rom verblüfft mich. Klassische Musik tönt in angenehmer Lautstärke über allen Köpfen und sorgt für entspannte Stimmung.  Das habe ich bisher weder auf dieser Tour, noch sonst irgendwann erlebt.
Im Laufe der Tage höre ich das ganze Repertoire der sogenannten ‚Ernsten Musik’, von Symphonien bis Arien aus Oper und Operette ist alles dabei.
Die einzelnen Stücke werden mit einer getragenen, 'wichtigen' Tonlage vorgestellt und sind eine Weiterschaltung aus Sendungen des italienischen Rundfunks. Obwohl ich mit dieser Musik eigentlich nicht viel anfangen kann, ist es dennoch nicht unangenehm und passt irgendwie auch zu den Besuchen im ‚alten Rom’.
Bisher hat auch noch kein Italiener (oder andere Campinggäste) unter der Dusche oder auf dem Klo irgendwelche Arien mit geträllert* .
Manchmal verspüre bei meinen 'Sitzungen' einen unerklärlichen Reflex zum Aufstehen und 'Umschalten', der quer liegt wie eine Blähung.
Heute Morgen habe ich dann aus heiterem Himmel eine unliebsame Erscheinung. Vor mir tauchen 2 Geister auf und ich erinnere mich an unliebsame Samstagnachmittage.
Wer erinnert sich noch an Anneliese und Hermann?
Oft genug haben sie mir in meiner Jugend in den 60-ern und 70-ern nach getaner Arbeit auf dem Bauernhof, wenn endlich mal Zeit für eine Pause an der Glotze war, mit quälender Kopfstimme und Musik, die mir ganz und gar nicht gefallen wollte, den Nachmittag verdorben.
Dann war nerviges Aufstehen aus der entspannten Lage im Fernsehsessel angesagt, um auf das andere Programm umzuschalten. Doch dort lief nur manchmal mit viel Glück der Beat-Club mit Uschi - nicht Uschi Komoot (meine NaviFrau), sondern Uschi Nerke von Radio Bremen.

Dann fallen mir auch noch weitere  Schreckgespenster aus jener Zeit ein: Vico Torriani, Peter Alexander, Caterina Valente, ... Immer wenn ihre Stimmen im Fernsehen zu hören waren, als wollten sie mit ihrem durchdringenden und schrillen Abgesang alle Bewohner von Jericho vertreiben und die Stadt wieder dem Erdboden gleich machen, verließ ich fluchtartig die Stube und lief auf dem Flur meist meine Mutter über den Weg. Sobald sie die Trällerei mitbekam,  ließ sie die Küchenarbeit stehen und liegen und nahm wie verzaubert meinen Platz ein.


Hier 2 spontan ausgewählte Links aus dem YouTube Repertoire:

https://www.youtube.com/watch?v=ulx_pa8QQEk

https://www.youtube.com/watch?v=-GpUTTRKgy8

* Singende Italiener: In Roms Innenstadt laufen hin und wieder laut oder leise singende Männer durch die Gassen. Ob sie ebenso wie die als römische Krieger verkleideten Männer, die überall in den touristischen Ecken zu finden sind, vom Touristenzentrum losgeschickt werden, habe ich nicht weiter erforscht.

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