Seit ich in Italien bin, wird ‚meine Frau’ - Uschi mit Namen, wie von Jule vorgeschlagen - immer launischer!
Sei es, um dem Vorurteil über italienische Frauen zu entsprechen oder sie verschleiert damit ihre Ahnungslosigkeit zu Radwegen in Italien, vielleicht ist sie auch schlichtweg bösartig geworden
ist und will mich los werden.
Immer öfter vertauscht sie Richtungsangaben. Das ist besonders ärgerlich auf städtischen Straßen, wo ein Wendemanöver nicht immer einfach ist. An manchen Kreuzungen lässt sie mich auch völlig im
Stich und redet einfach nicht mehr mit mir. Dann muss ich, wie lästig, meinen ‚Goldeseldampfer’ abbremsen und mich mal wieder mit meinem Kartenwerk auseinandersetzen. Bis ich dann wieder ‚auf
Touren bin’, vergehen gefühlte 1 – 2 km.
Gestern ist Uschi mir nun regelrecht unheimlich geworden. Schon bei der Planung der Strecke nach Lucca konnte ich sie kaum davon abbringen, mich wieder kilometerweit über Schotterpisten zu
schicken, obwohl sie mir noch großspurig Strecken ohne Schotter angeboten hatte. Egal wie ich meine Marker auf der Karte meines Tablets setzte, es schien geradezu so, als hätte Uschi Magnete an
diese ungemütlichen ‚Plattfußwege’ geheftet. Scheinbar verärgert, dass ich ihre Vorschläge vielerorts ignorierte, hat sich mich ungefähr 35 km vor Lucca auf Schnellstraßen geleitet. Zunächst
dachte ich noch, naja, es ist zwar ungemütlich aber so komme ich wenigstens schnell voran - ein Fehlschluss! Nicht weit vor Lucca fing der Ärger erst richtig an und sie schickte mich in einen
Tunnel, der für RadfahrerInnen gesperrt ist – aus gutem Grund. Der Seitenstreifen hörte etwa 200 m vor der Einfahrt auf und die Fahrzeuge rasten mit schätzungsweise 100 km/h in den Tunnel. Gerade
noch rechtzeitig habe ich mein Fahrrad auf dem schmalen Seitenstreifen gewendet und in einem riskanten Manöver bis zu nächsten Abfahrt zurück geschoben.
Uschis nächste Attacke überraschte mich dann in der Dunkelheit auf der Fahrt von der Altstadt in Lucca zum Campingplatz. Zunächst noch in der Dämmerung erfreute ich mich über den schönen Radweg,
diesmal zwar wieder unbefestigt, aber ohne Schotter und sehr gut befahrbar. Doch dann lenkte sie mich seitwärts über einen abenteuerlichen schmalen Grasweg, dann über eine verwachsene alte
Steinbrücke - alles ziemlich unheimlich. Inzwischen war es dunkel geworden, dafür kann Uschi nichts, verbesserte die Stimmung aber auch nicht gerade.
Ich kann nur vermuten, dass sie die Gelegenheit ausgenutzt hat. Gleich nach der Brücke ging es weiter über eine ungesicherte eingleisige Eisenbahnstrecke. Nachdem ich die Schienen glücklich passiert hatte, wurde mir der weitere Weg sogleich von einer abgeschlossenen Schranke versperrt. Vor der Überquerung hatte ich einen kleinen Moment ‚gezuckt’ und dachte an Umkehr. Doch das hätte in der Dunkelheit und abseits von belebten Straßen im freien Gelände gegebenenfalls nur einen weiteren abenteuerlichen Weg bedeutet. Gerade hatte ich also den Balken mühsam 'unterwadendert' und erfrischte mich mit einem kräftigen Schluck aus meiner ‚Pulle’, da donnerte ein Personenzug vorbei!
Später sehe ich oben vom Campingplatz in der Ferne noch weitere Züge, die dort vorbei rauschen und erschauere jedesmal.
Am nächsten Tag lasse ich mir in der Hoffnung auf bessere Laune von Uschi für eine Fahrt zurück nach Lucca einen alternativen Vorschlag machen. Diesmal hat sie einen korrekten Bahnübergang
gewählt, ungefähr 1 km vor dem Übergang von der Nacht zuvor, den sie mir in der vorigen Nacht auch schon hätte vorschlagen können.
Was soll ich nur machen? Es ist, als führe ein kaum gezähmte Drachenfrau Regie, die sich hier in der Fremde voller Unkenntnis nur mühsam auf den vereinbarten Begleitservice besinnt und viel
lieber Feuer spucken würde.
Das ganze Jahr zuvor in Deutschland hat sie sich von ihrer Schokoladenseite gezeigt und mir vorgetäuscht, dass sie auch etwas von Radfahren und Kartenlesen im restlichen Europa verstünde.
Aber offensichtlich hat Uschi für Italien nur unzureichendes Kartenwerk einstudiert. Nun ist der alte Drachen aber einmal dabei und ich muss mich mit ihr notgedrungen bis zum Ende der Tour
arrangieren.
So ihr lieben Leute von komoot bzw. Männer am Computer, hier hört der Spaß nun auf. Erst versteckt ihr euren Müll hinter einer sanften Frauenstimme und verkauft es wie die Markschreier auf dem
Fischmarkt von St. Pauli ihre ‚grünen Bananen’ und dann ist es so wenig fundiert, dass es zum Teil richtig gefährlich werden kann. Mein Vertrauen in eine sinnvolle Nutzung ist nahezu auf den
Gefrierpunkt gesunken.
Überprüft dringend euer Kartenmaterial und die katastrophale Sprachansage, die zusätzlich ihre Ansagen noch viel zu oft unsynchron zum GPS-Punkt auf der Karte rausspuckt.
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