Da es wieder ein heißer Tag werden soll und rund 100 km für die Etappe bis Staufen geplant sind, habe ich in meine ‚Tanks’ erneut mit 5 Liter Flüssiges aufgefüllt. Zur Orientierung bis zum
Stadtrand leistet mir die Stimme aus dem Fahrradnavi nochmals gute Dienste.
Die Suche in einem riesigen Super-U mit Elektronikabteilung nach Ersatz für mein abgesoffenes Equipment hat leider zu keinem Erfolg geführt.
Dafür geht es, nach dem ich die Stadt verlassen habe, sehr zügig voran. Meine Beinchen haben nach dem Pausentag viele ‚Körner’ gesammelt und das Tempo liegt im Schnitt bei 22 km/h, dennoch bleibe
ich gut im aeroben Bereich. Die Strecke ist die nächsten rund 40 km fast gerade und eben, hat wenig Schleusen am Canal du Rhone au Rhin, der neben dem Radweg verläuft - auch Ortschaften sind nur
abseits des Weges zu sehen.
Irgendwann auf der Strecke mache ich an einer Stelle, an der einige RadlerInnen rasten, durch dezentes Klingeln auf mich aufmerksam, da sie zum Teil auf dem Radweg stehen. Eine Frau, die vor mir
ebenfalls reletiv langsam an der Gruppe vorbeifährt, dreht sich um, sieht offensichtlich meinen vollbepackten Goldesel und tritt kräftig in die Pedale. Sie hält die hohe Geschwindigkeit konstant
bei, schaut sich aber ab und zu nach mir um. Damit provoziert sie meine Erinnerung an das eBikesurfen und ich gebe ‚Gas’. Nach etwa 2 km anstrengendem Kurbeln habe ich ihren Vorsprung aufgeholt,
um von nun an in ihrem Windschatten zu bleiben. Immer mal wieder schaut sie sich nach mir um und fährt so 26 – 30 km/h. Da es um mich herum nichts Spektakuläres oder Neues zu sehen gibt, halte
ich mit und muss mich nur wenig mehr anstrengen wie zuvor mit 22 km/h.
Doch der Windschatten ist schon bei leichten Steigungen und Kurven an den Schleusen ein untreuer Geselle und lässt sich nur zu gerne von anderen bekannten Kräften aus dem Reich
der Physik beeindrucken. Nun entschleunigen mich mit meinen enormen Zusatzgewichten mit jedem Höhenmeter ganz schnell Anziehungskraft und mit jedem Kurvenmeter die ‚Zentrifugalkraft’. Nach
dem Passieren einer Schleuse muss ich erst mal wieder mit viel Körpereinsatz und Geduld die Massenträgheit überwinden, um wieder die Gunst des Windschattens zu erheischen. Zu meinem Glück
wird auch die Frau von weiteren physikalischen Prinzipien behndert. Sie hat ihren Sattel viel zu niedrig eingestellt und fährt auch noch mit dicken Stollenreifen. So gelingt es mir immer
wieder, sie einzuholen. Ohne diese Handycaps wäre sie mir schon längst davon geradelt.
Nach knapp 30 Kilometern nutzt sie dann eine Abzweigung zu einen nicht weit entfernt liegenden Ort. Ein leider zu spät hinterher gerufenes „Merci“ hat sie wahrscheinlich nicht mehr
vernommen.
Ich versuche noch 2 weitere Kilometer das Tempo zu halten, doch mein Atem reicht ohne sie nicht und ich mache Mittagspause. Ein paar Tage später, beim Aufschreiben auf dem Rathausplatz in
Staufen, bin ich selbst immer noch erstaunt, wieviel Windschattenfahren doch ausmacht.
Auf der Höhe von Marckolsheim verlasse ich Frankreich, passiere den Rhein über 2 Brücken und bleibe noch bis Breisach auf deutscher Seite weiterhin auf Radwegen in der Nähe des Flusses. Bis
Staufen fahre ich anschließend für die letzten rund 30 km neben einer Bundesstraße. Mal abgesehen davon, dass dieser Abschnitt nach 75 km ohne Autos etwas nervt, macht sich hier die große Hitze
ohne Schatten spendende Bäume an der Straße mit Temperaturen größer 35 Grad bemerkbar. Mein Smartphone, dass ich eigentlich zur Orientierung benutze, lädt sich unweigerlich mit Hitze auf. Da es
diese Energie leider nicht für sich nutzen kann, verpacke ich es in meiner Lenkertasche, bevor es wegen Hitzestau den von Apple eingehauchten Geist aufgiebt.
Auch ich selbst habe das Gefühl, dass mir die Sonne gleich die Haut verbruzelt, trotz einer dicken Schicht Sonnencreme. Auch meine Beinchen haben wohl die meisten Körner am Kanal verbraucht,, so
dass die Strecke von Breisach bis Staufen recht mühsam wird. Am Ortseingang von Staufen findet sich ein Supermarkt. Obwohl es bis zum Campingplatz nur noch etwa 2 km sind, halte ich hier, decke
mich mit Getränken und Lebensmitteln ein und mache erst mal Pause.
Am Campingplatz erwarten mich schon Berit, Tjark und Kjell, die sich in Staufen für 3 Wochen zur Kur aufhalten. Nach dem Einchecken gehen wir zum Spielplatz. Am Abend koche ich mir relativ
aufwändig kleine Kartoffeln mit Pilzrahmsauce und in der Pfanne gebratenem Bauchfleisch. Der Luxus war nach der anstrengenden Tour jedoch auch nötig und lecker.
Link zur Etappe:
Straßburg - Staufen
Kommentar schreiben